Raum, Wissen und Kultur

Prof. Dr. Bernhard Tschofen

Alles Denken und Handeln im gesellschaftlichen Alltag besitzt auch eine räumliche Dimension. Wenn Menschen sich in ihrer nahen und fernen Welt bewegen, wenn sie Medien nützen oder mit Politiken verschiedener Skalierung konfrontiert sehen, sie beziehen sich dabei unvermeidbar und häufig selbstverständlich auf räumliche Figurationen und tragen durch ihr Handeln wiederum zu deren Entstehen bei. Nicht Kultur im Raum, sondern Kulturen des Raums und Räumlichkeit stehen dabei heute im Zentrum der Kulturwissenschaftlichen Raumforschung. Für sie ist Raum keine gegebene Ordnung, sondern eine relationale Kategorie, die nur in Beziehung greifbar wird. Dazu gehört auch die Beziehung zwischen konkreten und vorgestellten Räumen, das Wissen über sie und die ungleich verteilte Möglichkeit, sie zu gestalten.

Kulturwissenschaftliche Raumforschung ist nicht wie in manchen Traditionen der regionalen Ethnographie an bestimmte Räume (Stadt/Land/Region) gebunden, sondern verbindet die Frage nach der räumlichen Dimension der Alltagskultur in verschiedenen Feldern – von der Alpenforschung über die Museum and Heritage Studies bis zur Tourismusforschung – mit anderen wesentlichen Kategorien ethnographischer Kulturanalyse.